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Warum bedarf es einer eigenen Menschenrechtskonvention für Menschen mit Behinderungen?

Obwohl es schon zahlreiche Menschenrechtskonventionen gibt, sind Menschen mit Behinderungen in diesen nicht explizit erwähnt und noch immer in hohem Maße von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen.

Die Behindertenrechtskonvention formuliert Menschenrechte als barrierefreie und für alle Menschen zugängliche Rechte, mit dem Ziel, die Gleichheit aller zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten.

Warum gibt es einen eigenen Monitoringausschuss?

Die Einhaltung von Menschenrechten ist in allen Ländern der Welt verbesserungsbedürftig. Um dem Trend, Menschenrechte auf internationaler Ebene zu vereinbaren, jedoch auf nationaler Ebene wenig zu beachten, entgegenzuwirken, betritt die neueste Menschenrechtskonvention Neuland und sieht verpflichtend einen nationalen Mechanismus zur Überwachung vor. In Österreich ist dieser für die Bundesverwaltung derzeit durch §§ 13g bis 13l des Bundesbehindertengesetzes geregelt.

Vom medizinischen Modell …

Bisher wurden Menschen mit Behinderungen vielfach als Objekt der Wohlfahrt gesehen, viele Handlungen waren daher darauf gerichtet sie „wohl zu versorgen und zu beschützen“. Grundlage dafür ist das, auf Defizite abstellende, medizinische Modell, das Menschen mit Behinderungen auf ihre Behinderung reduziert und oftmals „Behandlungen“ zur „Korrektur“ als einziges Ziel hat. Das hat zur Konsequenz, dass die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen unbeachtet bleiben und diese nicht als Träger*innen von Rechten anerkannt werden.

Paradigmenwechsel

Die Behindertenrechtskonvention unterstreicht den Paradigmenwechsel, indem sie Menschen mit Behinderungen als Subjekt und damit als Träger*innen von Rechten anerkennt. Menschen mit Behinderungen werden nicht mehr länger als Almosen­empfänger*innen gesehen, sondern sie haben Rechte, über deren Ausübung sie selbst bestimmen können.

… zum sozialen Modell

Behinderung entsteht demnach aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. Beeinträchtigungen werden nicht negativ gesehen, sondern als „normaler“ Bestand­teil menschlichen Lebens, verbunden mit dem Respekt vor der Unterschiedlichkeit und Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen als Teil der Vielfalt der Menschheit.

Menschen mit Behinderungen werden als selbstverständliche, bereichernde Mitglieder der Gesellschaft anerkannt und wertgeschätzt.

Damit ist das Verständnis von Behinderung nicht ein fixer Zustand, sondern entwickelt sich ständig weiter.

Dies bedeutet aber auch, dass die Gesellschaft ihren Anteil an der Ausgrenzung und Missachtung der Rechte von Menschen mit Behinderungen kritisch durchleuchten und anerkennen, sowie Gegenmaßnahmen setzen muss.

Bewusstseinsbildung

Die Rechte und die Würde von Menschen mit Behinderungen sind von allen Teilen der Gemeinschaft zu achten. Dieses Bewusstsein muss auf allen Ebenen der Gesellschaft gefördert werden. Stereotype Vorurteile und schädliche Praktiken sind zu bekämpfen. Die Fähigkeiten und die Beiträge von Menschen mit Behinderungen für uns alle sind wertzuschätzen. Um dies zu schaffen sind Maßnahmen erforderlich, wie z.B. Kampagnen, die ebenbürtige Darstellung von Menschen mit Behinderungen in den Medien, sowie die Förderung von Schulungsprogrammen zur Schärfung des Bewusstseins für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Barrierefreiheit

Barrierefreiheit wird oftmals mit der Errichtung von Rampen und der „richtigen“ Tür­breite gleichgesetzt. Menschen mit Behinderungen sind jedoch nicht nur mit baulichen Barrieren konfrontiert. Die größte Barriere ist in den Köpfen der Menschen, die durch mangelndes Bewusstsein, Vorurteile und Stereotype Menschen mit Behinderungen ausgrenzen und ihre gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft verhindern. Der Abbau von sozialen Barrieren ist daher ein vordringliches Ziel der Konvention.

Aber auch in der Kommunikation gibt es Barrieren: für Menschen mit Seh­behinderungen und blinde Menschen sind viele Informationen nicht zugänglich/ barrierefrei. Auch gehörlose und schwerhörige Menschen werden oftmals von Informationen abgeschnitten, weil diese nicht barrierefrei bereitgestellt werden.

Auch die Komplexität von Informationen bedeutet Barrieren: vor allem Menschen mit Lernschwierigkeiten haben ein Recht, Informationen in einfacher Sprache zu erhalten.

Die umfassende Beseitigung aller Barrieren, sowohl die der physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, anderen Einrichtungen und Diensten, als auch die in der Einstellung zu Menschen mit Behinderungen würde letztlich bewirken, dass Behinderung beseitigt oder zumindest minimiert wird.

Nichtdiskriminierung, Chancengleichheit und Teilhabe

Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf volle und gleichberechtigte Teil­habe in allen Bereichen der Gesellschaft. Dies ist durch gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz zu gewähren. Jede Diskriminierung aufgrund einer Behinderung ist verboten und muss sanktioniert werden. Es müssen angemessene Vorkehrungen getroffen werden, um Chancengleichheit zu fördern.

Inklusion

Bedeutet die volle und wirksame Teilnahme und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und den Genuss aller Menschenrechte ohne Diskriminierung. Die Unter­schiedlichkeit der Menschen darf kein „Problem“ darstellen, sondern ist als Bereicherung für alle zu sehen.

Rolle des Monitoringausschusses in der gesellschaftlichen Diskussion

Der Monitoringausschuss ist das auf völkerrechtlicher und gesetzlicher Grundlage errichtete Überwachungsorgan zur Umsetzung des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Wenngleich er gemäß seinem Selbstverständnis und auf der Grundlage der Pariser Prinzipien engen Dialog mit Nichtregierungsorganisationen und der Zivilgesellschaft unterhält, ist er von diesen wohl zu unterscheiden. Er ist keine Interessensvertretung und auch kein Organ des Lobbying. Er ist keinen anderen Prinzipien und Zielsetzungen verpflichtet als der Konvention sowie den anderen maßgeblichen menschenrechtlichen Dokumenten auf UN- und europäischer Ebene und der allgemeinen Verbesserung der menschenrechtlichen Situation von Menschen mit Behinderungen ist Österreich.

Wenngleich der Ausschuss auf gesetzlicher Grundlage errichtet ist und als bundesgesetzlich geregeltes Organ engen Dialog mit Organen der Gesetzgebung, Vollziehung und Rechtsprechung sowie mit Ombudsstellen unterhält und diese auch berät, ist er von diesen wohl zu unterscheiden. Seine Aufgabe ist die einer Überwachung auf völkerrechtlicher Grundlage. Er ist auch hier ausschließlich den Grundsätzen der Konvention sowie der anderen maßgeblichen menschenrechtlichen Dokumente auf UN- und europäischer Ebene und der Zusammenarbeit mit dem gemäß Artikel 34 der Konvention errichteten Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen verpflichtet. Er kann Einzelfälle zum Anlass nehmen, auf allgemeine Probleme und Versäumnisse in Gesetzgebung, Vollziehung und Rechtsprechung hinzuweisen, er kann aber keine Rechtsvertretung oder Rechtshilfe vornehmen.

Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ausschusses, die selbst Rollen in Nichtregierungsorganisationen oder in öffentlich-rechtlichen Institutionen innehaben, nehmen im Sinne der Transparenz für Außenstehende ihre Rolle als Ausschussmitglied klar unterscheidbar von sonstigen Rollen wahr.