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Wien (OTS) — Die De-Institutionalisierung kommt in Österreich kaum voran: viele Menschen mit Behinderungen leben weiterhin in Heimen. Es existiert keine umfassende politische Strategie zum Abbau institutioneller Strukturen. Ebenso fehlt ein klares Verständnis, was De-Institutionalisierung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bedeutet. Unzureichende Unterstützungsleistungen und ein Mangel an barrierefreiem Wohnraum verschärfen die Situation.

Das zeigt der aktuelle „Monitor 2024 De-Institutionalisierung“, den der Unabhängige Monitoringausschuss zum heutigen Tag der Menschen mit Behinderungen veröffentlicht hat. Er bündelt Erfahrungsberichte von Menschen mit Behinderungen aus der Öffentlichen Sitzung 2024 und leitet daraus politische Maßnahmen ab.

„Die gesellschaftliche und politische Grundhaltung ist weiterhin, dass Menschen mit Behinderungen in Heimen am besten aufgehoben sind. Das steht in klarem Widerspruch zum Recht auf selbstbestimmtes Leben nach der UN-BRK“, sagt Daniela Rammel vom Vorsitzteam. Neben der inklusiven Bildung war die De-Institutionalisierung einer der zentralen Kritikpunkte des UN-Fachausschusses im Rahmen der Staatenprüfung 2023.

Zentrale Problemfelder, die einer umfassenden De-Institutionalisierung im Wege stehen:

  • Unklares Begriffsverständnis und fehlende Strategie: Akteur*innen verstehen unter De-Institutionalisierung oft lediglich Reformen innerhalb von Einrichtungen statt als strukturellen Wandel hin zu selbstbestimmten Wohnformen. Eine koordinierte Gesamtstrategie fehlt.
  • Zu wenig Persönliche Assistenz: Menschen mit Behinderungen berichten von bürokratischen Hürden, regionalen Unterschieden und Altersgrenzen. Altersunabhängige und bedarfsgerechte Assistenz sind Voraussetzung für Selbstbestimmung und Teilhabe außerhalb von Institutionen.
  • Fehlender Übergangsprozess und Mangel an barrierefreiem Wohnraum: Leistbare barrierefreie Wohnungen fehlen, Antragstellungen sind oft nicht barrierefrei. In einigen Bundesländern wurden gesetzliche Vorgaben zu baulicher Barrierefreiheit zurückgeschraubt, dies verschärft die Lage. De-Institutionalisierung benötigt einen Übergangsprozess, der mit einem Ausbau an barrierefreiem und leistbarem Wohnraum verbunden sein muss.

Deshalb empfiehlt der Unabhängige Monitoringausschuss u.a. folgende Maßnahmen:

  • eine österreichweite De-Institutionalisierungsstrategie mit konkreten Maßnahmen, Zielen und Etappenplänen ausgehend von einem gemeinsamen Verständnis von „De-Institutionalisierung“ im Sinne der UN-BRK
  • keine Investitionen in bestehende oder neue institutionelle Wohnformen und vorhandene Institutionen abbauen
  • Umlenkung bestehender Ressourcen in eine Wohnpolitik, die barrierefreien und leistbaren Wohnraum schafft und selbstbestimmtes Wohnen ermöglicht.
  • den systematischen flächendeckenden Ausbau von gemeindenahen Unterstützungsdiensten und eine inklusive und barrierefreie Gestaltung aller öffentlichen Dienstleistungen und öffentlichen Einrichtungen
  • einheitliche Regelungen und bundesweite Vorgaben für eine personenzentrierte, bedarfsgerechte und altersunabhängige Persönliche Assistenz für alle Menschen mit Behinderungen sowie eine ausreichende finanzielle Deckung in den Bundes- und Landesbudgets

Alle weiteren Empfehlungen des Unabhängigen Monitoringausschusses nachlesen: